Der Einkaufszettel war abgearbeitet, das Wochenende konnte kommen. Nun fehlten mir nur noch zwei Knäuel Strumpfwolle - unifarben, 4 fädig und am liebsten in Blau, für ein Paar Herrensocken, mit denen ich eigentlich am Wochenende beginnen wollte.
Mein liebster Ehemann hatte so gar keine Lust, für zwei Knäuel Wolle 27 km zum nächsten Handarbeitsladen zu fahren, nörgelte ein bißchen herum und wunderte sich, warum ich ausgerechnet diese Knäuel nicht, wie sonst auch, in diversen Wollshops im Internet bestellen konnte, schlug dann aber vor, in das einzige "Kaufhaus" in unserem Städtchen zu gehen.
Also los! Quer durch die Stadt mit dem typischen Freitagnachmittagsinnenstadtgetümmel zum Kaufhaus. Einen Parkplatz fanden wir ziemlich schnell in einer wenig befahrenen Seitenstraße und hatten somit auch gleich noch die Parkgebühren gespart - was sicherlich auch nötig war. Denn wie ich das Kaufhaus kannte, würde der Geschäftsführer den "unverbindlichen Richtpreis" ziemlich nach oben ausgerichtet haben. Aber egal ... ich brauchte ja nur zwei Knäuel Wolle.
Im Laden fiel mir auch wieder ein, warum wir früher immer gesagt hatten, wir gehen zu "Krempel und Co.“ Kaum etwas hatte sich verändert. Lottospieler versperrten den Weg zur Treppe, Bücherkisten mit reduzierten Kalendern standen im Hauptweg herum, und die "Diddl Ecke" überzog die rechte Seite der Eingangshalle mit einem "wunderschönen" rosafarbenen Licht.
Wolle gab es auch. Etliche bunte Knäuel auf dem Wühltisch in der 1. Etage, heruntergesetzt und aus 100% Polyester. Mit Fransen, in Tweedoptik, mit Microfaser- und Stretchfaden. Strumpfwolle fand ich erst nach längerem Suchen, allerdings leider keine einfarbige. Grüne Ringel, blaue Ringel, rosa-gelb changierend - alles war da. Nur kein Uni und in Blau schon überhaupt nicht.
Die Verkäuferin schlich um mich herum und beobachtete mich und meine Bemühungen. "Suchen Sie etwas Bestimmtes, kann ich Ihnen helfen?" "Ja, ich suche unifarbene Strumpfwolle in Blau." "Unifarbene Strumpfwolle??? Die gibt es nicht mehr!" "Wie, die gibt es nicht mehr? Sie wollen mir doch wohl jetzt nicht erzählen, dass es keine unifarbene Strumpfwolle mehr gibt?" "Karststadt in Goslar hat die Unifarben aus dem Programm genommen." "Das ist ja schön und gut, was Sie da sagen. Aber Sie müssen mir doch zustimmen, dass wir im Augenblick nicht bei Karstadt in Goslar sind. Warum sagen Sie mir nicht einfach, Sie führen keine unifarbene Strumpfwolle? Dann ist es gut und ich kann wieder gehen. Nur weil Sie die Wolle nicht haben, können Sie doch nicht behaupten, dass es diese Wolle überhaupt nicht mehr gibt. Haben Sie keinen Katalog, in dem ich einmal nachschauen kann? Ich brauche oft Strumpfwolle und würde dann natürlich auch weiterhin bei Ihnen kaufen. „Nein! Es gibt überhaupt keine unifarbene Strumpfwolle mehr, und die Bestellungen macht der Chef."
Irgendwie hatte ich das Gefühl, ich redete Chinesisch. Das konnte doch wohl alles nicht wahr sein!
Mein Mann sah mich an, lachte und meinte, es wäre an der Zeit zu gehen, bevor ich mich noch mehr in dieser Servicewüste verlaufen würde.
Beim Rausgehen sahen wir noch, dass die Verkäuferin etwas verwirrt hinter uns herschaute. Wir lachten viel zu laut, weil wir uns vorstellten, wie mein liebster Ehemann in Zukunft mit rosa-grün-geringelten Socken aussehen würde.
© Pia Widera
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