Es hat mir sehr gefallen – wenn man im Zusammenhang mit einer solchen Anhäufung von Katastrophen von „gefallen“ reden kann. Aber so gemischt ist es nun einmal im Leben und in der Chaostheorie, die sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht, und in einem der alten Mythen vom Labyrinth, wonach man aus dem Chaos auch wieder herausfindet, wenn man sich am roten Faden entlanghangelt.
Dem der amerikanischen Geschichte zum Beispiel, obwohl Viele nach wie vor behaupten, Amerika hätte keine. Aber es hat Kriege und Krisen und Entwicklungen durchgemacht wie jedes andere Land auch, die in das Leben jedes Einzelnen eingegrifffen und ihm seine spezielle Ausprägung mitverliehen haben. So erging und ergeht es den Gestalten dieses Buches, und ihr Leben ist tief verwoben in größere Kreise und Zusammenhänge. Es ist eine Familiengeschichte in einem sehr weiten und übertragenen Sinne, weil sich unter anderem erweist, daß es sich eigentlich bei genauem Hinsehen immer nur um die „erweiterte Familie“ handeln kann, deren sich auch Kurt Vonnegut als Thema seiner Bücher so intensiv angenommen hat.
„Vielleicht sind wir alle Chaostheoretiker“, läßt der Autor seine Hauptperson auf etwa halber Strecke sagen, „Wir lieben Muster und Vorhersehbarkeit und fürchten uns zu Tode vor plötzlichen Veränderungen. Und gleichzeitig faszinieren sie uns. Sie ziehen uns magisch an. ... Religion ist nichts weiter als das gut geölte, profitorientierte Leugnen des Zufalls.“ (S.329)
Gott als Strömung. Gott als Mutabilität, als Wandelbarkeit. (S.88)
Aus Ordnung entsteht Gewohnheit. Aber aus Chaos entsteht Leben. (S.85)
Und so leiden und erleiden die Gestalten des Buches alles, was Menschenherzen nur zugemutet werden kann und manchmal darüber hinaus – an sich selbst, im Zusammenleben mit anderen Menschen und durch die Ereignisse, sie uns einfach zugefügt werden und die man dann irgendwann historisch zu nennen pflegt.
„Wohin aber sollte mein Herz denn fliehen vor dem eigenen Herzen, wohin sollte ich vor mir selbst flüchten, wohin mußte ich mir nicht folgen?“ zitiert diese wunderbare indische Therapeutin, die schon in dem Buch „Früh am Morgen beginnt die Nacht“ eine so wichtige Rolle gespielt hat, den heiligen Augustinus – dessen „Bekenntnisse“ ich mir nun endlich kostenlos heruntergeladen habe, weil er mir auf meiner eigenen Lebensreise schon so oft begegnet ist, daß ich ihn sie nun endlich lesen muß:
http://www.amazon.de/Die-Bekenntnisse-h ... 242&sr=1-1Letztenendes gehe es immer um Macht und um Machtlosigkeit, heißt es an einer Stelle auf Seite 610.
Und dem Schuldigwerden entkommt keiner, ob er sich dessen bewußt ist oder nicht.
„Aber wenn man anderen helfen und beistehen kann, dann lernt man, mit sich zu leben, egal, was man getan hat“, sagt Maureen, die es wissen muß wie keine andere Gestalt des Buches, auf Seite 701.
Noch einmal vielen Dank für den Tipp, Mareen